Stefan Römer

Fassaden der (systematischer) Verelendung?
20. September - 02. November 2013



Fassaden der systematischer Verelendung?
- ein Fotoessay

 

in Kooperation mit  zeitraumexit“Wunder der Prärie” – Internationales Festival für Performance / Live-Art / Kunst

 

Ausstellungseröffnung//  Freitag/ 20. September 2013/ 19 Uhr

Musik: Konzeptuelles Soundsystem

Ausstellungsdauer//  20. September – 2. November 2013

 

Fast unsichtbar gewordene Zeichen erzählen noch von der Zeit, als der Mannheimer Stadtteil Jungbusch ein Rotlichtviertel war. Die Oben-ohne-Bars wurden verdrängt, die sich hier in der industriellen Wachstumszeit nach dem zweiten Weltkrieg etabliert hatten. Die Entwicklung vom florierenden Rheinhafen und den typischen sandsteingebauten Kapitänshäusern zu einem Rotlichtviertel und schließlich aktuell zum jugendlichen Ausgehviertel Mannheims hält an. Bevor hier In-Clubs und Luxusapartments die Wettbüros und Spielhallen verdrängen, fängt Stefan Römer fotografisch den rauhen Charme des Viertels ein.

Seit Anfang der 1990er Jahre beschäftigt sich der Künstler mit Gentrifizierung, ihrer Kritik und der Frage nach ihrer Darstellbarkeit (vgl. FrischmacherInnen, Köln). Wie lassen sich die sozioökonomischen Prozesse in einem sich wandelnden und heftig diskutierten Arbeiterviertel am Hafen fotografisch festhalten, ohne platte Klischees zu reproduzieren?Dafür geht das Fotoprojekt der Frage nach, ob der Jungbusch einer „systematischen Verelendung“ unterliegt und nimmt mit diesem Zitat Bezug auf eine Textzeile im kapitalismuskritischen Film „Im Westen alles nach Plan“ (H.P. Clahsen/ M.F. Huse, BRD 1989).

In seinen dokumentarischen Arbeiten verfolgt Stefan Römer einen alltäglichen Straßenblick. Zugleich untersucht seine künstlerische Arbeitsweise die Entstehungsbedingungen von Kunst. Denn vermutlich erkennt man nur, wovon man schon weiß. Daraus lässt sich schließen, dass jede Fotografie, die eine Situation wiedererkennbar in einer konkreten Stadt darstellt, der Imageproduktion dieser Stadt dient. Dieser zwangsläufigen fotografischen Vereinnahmung versucht sich Stefan Römer mittels Perspektiv-verschiebung zu entziehen.

Schon Römers Foto-Text-Zyklus „Begegnungen mit Deutschen“ (1991) verband eine sprachliche Recherche mit einer Straßenfotografie in Köln. Mittlerweile hat er in Städten auf allen Kontinenten gearbeitet: von Brisbane bis Marrakesch, von Bangkok bis Lima und von Istanbul bis Tokyo. Seinen aktuellen Fotoessay „Fassaden der systematischen Verelendung?“ präsentiert er auf einem grauen Wandgemälde, das den Ausstellungsraum zu einem räumlichen Diagramm umdefiniert. Dazu wird eines der Galeriefenster von einer jener für das Viertel typischen Gardinen verkleidet, die die Wohnungen der älteren Bewohner_innen des Jungbusch von denen der neueren unterscheidet. Die Gardine markiert auch die Grenze zwischen einsehbarem Fenster und verborgenem privatem Innenraum. Zusätzlich zu den Fotografien wurden Personen aus unterschiedlichen Kontexten und Wirkungsbereichen des Jungbusch interviewt, die für eine spätere Version dieses Zyklus aufbereitet werden.

Textreferenzen:
- Christian Kravagna, Wie kritisch können Bilder sein?, in: Camera Austria 72/2000, S. 74-75.
- Clemens Krümmel, Commonplace, in: Stefan Roemer, Corporate Psycho Ambient, Köln 2001, S. 70-75.
- Wolfgang Brauneis, „I see a lot of visual beauty…“, über Stefan Römers Film Conceptual Paradise, in: artnet, 20.10.2006

STEFAN RÖMER (DE) wuchs von 1970 bis 1976 in Mannheim-Seckenheim neben einer amerikanischen Kaserne auf. Internationale Ausstellungstätigkeit als de-konzeptueller Künstler in den Bereichen Bild undTextrelationen in Kunst und Neuen Medien, Strategien des Fake, Dokumentation sowie Interkulturalität. In den 1980er Jahren beschäftigte er sich vor allem mit Performances und Malerei. In den 1990er entwickelte er in Köln mit der aktivistischen Gruppierung FrischmacherInnen Aktionen, Film- und Vortragsreihen zu Urbanismus-, Kunst- und Ökonomiekritik.

Im Jahr 2000 wurde er mit dem Preis für Kunstkritik des Arbeitskreises deutscher Kunstvereine (AdKV) ausgezeichnet. Den Dokumentarfilm “Conceptual Paradise” präsentierte er 2006. Seit 2010 arbeitet er an der Publikation des Nachlasses des verschwundenen Künstlers Stan Back.

 

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